Schlagwort-Archive: Hundeverhalten

Vermenschlichung

Ich las neulich in einer Hundezeitschrift einen Leserbrief, in dem eine Dame meinte, die Hunde würden immer mehr vermenschlicht. Sie fragte, was das den Hunden bringen würde.

Diesen Gedankenansatz finde ich interessant. Es steht sicher außer Frage, dass man von Hunden kein Sprachverständnis erwarten darf. Dass man von Hunden nicht verlangen darf, vorausschauend und in die Zukunft planend zu denken. Dass Hunde sich nicht um Modetrends und Äußerlichkeiten kümmern. Ich denke, das ist mit Vermenschlichung in erster Linie gemeint, und hier ist ganz klar eine Grenze zu ziehen: Von Hunden Dinge zu verlangen, die sie nicht verstehen und die ihrem Wesen nicht entsprechen, ist Tierquälerei.

Wir sollten uns aber auch nicht zu weit von dem Lebewesen Hund distanzieren, denn auch das ist nicht gut. Wenn wir den Hund zu weit von uns abrücken, dann neigen wir Menschen leider dazu, weniger Mitgefühl zu empfinden. Und das ist fatal. Dann kommt es wieder zu Äußerungen wie: „Das ist doch nur ein Hund.“ Das dürfen wir nicht zulassen. Nur weil ein Lebewesen sich in vielen Aspekten von uns unterscheidet, hat es doch unseren Respekt verdient.

Um meinen Kunden einen Einblick in das Wesen und die Gefühlswelt ihrer Hunde zu vermitteln, greife ich gern zu Vergleichen. Ich versuche sie dazu zu bringen, sich in ihren Hund hineinzuversetzen, damit sie nachvollziehen können, was ihn in bestimmten Situationen antreibt. Denn gerade bei einem langwierigen Training muss dieses Verständnis als Basis vorhanden sein. Ist das nicht der Fall, dann wird der Hund schnell als „begriffsstutzig“ abgeschrieben und die Leute geben zu früh auf. Wenn sie aber begriffen haben, wie schwer ihrem Hund diese Situation fällt, dann sind sie eher bereit, ein zeitintensives Training durchzustehen.

Ein Beispiel:

Ein Hund hat Angst vor fremden Menschen und bellt diese an. Der Hundetrainer, bei dem die Leute vorher waren, fragte allen Ernstes: Wollen Sie eine schnelle Lösung oder wollen Sie lange trainieren? Auf die Antwort hin, dass eine schnelle Lösung schick wäre, zückte der Trainer die Wasserflasche und spritzte den Hund jedes Mal voll, wenn er bellte. Natürlich hörte der Hund sofort auf zu bellen, jaulte, duckte sich und verkroch sich. Trainer zufrieden, ein voller Erfolg. Das Verhalten des Hundes fremden Menschen gegenüber wurde allerdings in der Folgezeit heftiger.

Nun rief man mich an und erzählte mir die Geschichte. In solchen Situationen ist es sehr hilfreich, einen Vergleich zu ziehen und die Hundebesitzer zu bitten, sich vorzustellen, sie hätten beispielsweise panische Angst vor Spinnen, Schlangen oder etwas ähnlichem (das darf sich jeder nach Belieben aussuchen). Auf einmal seilt sich direkt vor ihrem Gesicht eine riesige Spinne ab und nimmt Kurs auf ihre Nasenspitze, und sie haben keine Möglichkeit auszuweichen. In Panik schreien sie los – und ihr Partner kippt ihnen im selben Moment einen Eimer eiskaltes Wasser über den Kopf. Hilft das gegen die Angst vor der Spinne? Nicht wirklich, oder? Und ist das Vertrauen in den Partner anschließend gestärkt? Wird er ihnen das nächste Mal helfen? Vermutlich nicht.

Solche oder ähnliche Vergleiche helfen uns Menschen, uns in die Lage anderer zu versetzen. Sie helfen uns, Situationen zu verstehen, die uns auf den ersten Blick albern oder sinnlos erschienen.

Ist das auch Vermenschlichung? Vielleicht könnte man es so nennen. Aber ich finde es wichtig, die Distanz zu unseren Hunden nicht zu groß werden zu lassen. Unsere Hunde sind zwar keine Menschen, aber sie haben doch dieselbe Gefühlswelt wie alle Säugetiere. Sie empfinden Angst, Schmerz, Liebe, Freude, Trauer und Glück, genauso wie wir – ja, das wurde inzwischen sogar schon wissenschaftlich nachgewiesen, obwohl ich es eigentlich traurig finde, dass das überhaupt notwendig ist, denn es ist doch so offensichtlich.

Wir dürfen von unseren Hunden nicht erwarten, dass sie Dinge verstehen, die nur wir Menschen verstehen. Hunde planen nicht in die Zukunft, und sie sind auch nicht nachtragend. Sie interessieren sich nicht für modische Frisuren und sie nehmen die Welt anders wahr als wir. Aber sie erleben ihre Gefühle genauso wie wir es tun – vielleicht sogar intensiver als wir – und darauf müssen wir Rücksicht nehmen, das dürfen wir nicht ignorieren. Daher ist es auch erlaubt, hin und wieder mal die Perspektive zu wechseln und uns in unsere Hunde hineinzuversetzen, die Welt aus ihrem Blickwinkel zu betrachten, einfach um sie besser verstehen zu können.

(Inga Jung, Februar 2014)

Der Hund als Beziehungscoach

 

Ich habe schon oft darüber nachgedacht, warum zwischen uns Menschen häufig alles so kompliziert ist, während die Kommunikation mit Hunden immer geradlinig, offen und einfach abläuft. Ich denke, wir können von den Tieren sehr viel lernen. Wer mit einem Hund zusammenlebt – vielleicht sogar mit Hunden aufgewachsen ist – und sich wirklich auf das Tier und seine Bedürfnisse einlässt, der lernt vor allem eines: Rücksicht zu nehmen und seinen Emotionen nicht immer freien Lauf zu lassen.

Denn Hunde – und sicherlich auch Katzen, Pferde und viele andere Haustiere – werden durch plötzliche Wutausbrüche enorm verunsichert. Auch wenn sie gar nicht gemeint sind, sondern zum Beispiel das Fahrrad, bei dem zum zehnten Mal an diesem Tag die Kette abgesprungen ist, beziehen Hunde einen Wutausbruch ihres Menschen oft auf sich und bekommen Angst. Ebenso hat mir mal einer der Besucher meiner Vorträge erzählt, dass sein Hund sich jedes Mal ängstlich versteckt, wenn der Mensch beim Fußballgucken im Wohnzimmer urplötzlich in Jubelgeschrei ausbricht. Der Hund hat natürlich keine Ahnung, was auf einmal das Gebrüll verursacht hat, und versteht die Welt nicht mehr.

Da Hunde ihre Emotionen sofort in ihrem Verhalten spiegeln und auf unser Verhalten reagieren, können wir einschätzen, was ihnen Angst macht oder sie verunsichert. Und wir lernen Rücksicht zu nehmen, unsere Gefühlsausbrüche zu kontrollieren und weniger heftig zu agieren. Wir lernen, unseren Verstand zu benutzen, bevor wir völlig kopflos auf das kaputte Fahrrad einbrüllen. Und wer das gelernt hat, der hat auch in zwischenmenschlichen Beziehungen einen riesigen Vorteil.

Denn wie oft höre ich, dass die Gründe für Beziehungsfrust beispielsweise darin liegen, dass einer der Partner sich wie der emotionale Mülleimer des anderen fühlt, in den am Ende eines Tages aller Ballast der Arbeitswelt entladen wird – na, vielen Dank.

Oder es ist die fehlende Kritikfähigkeit, die Freundschaften zerbrechen lässt. Auch hier helfen uns die Tiere, indem sie uns zeigen, wenn sie mit unseren Handlungen nicht zurechtkommen. Wir lernen, unser Verhalten zu ändern, um besser miteinander klarzukommen. Und vor allem lernen wir, aufgeschlossen zu sein und hinzusehen, um überhaupt mitzubekommen, wenn unser Tier sich im Umgang mit uns nicht wohlfühlt. Wir lernen, unser eigenes Tun zu hinterfragen und offen für Anregungen zu sein.

Weiterhin ist der offene Umgang mit Problemen ein Thema, bei dem wir viel von unseren Tieren lernen können. Tiere zeigen uns in ihrem Verhalten sehr schnell, dass sie ein Problem haben. Auch wir sollten unseren Freunden gegenüber offen sein und Probleme zur Sprache bringen, statt ihnen wochenlang vorzuspielen, dass gar nichts sei. Denn im Zweifel glauben sie uns das, bis dann irgendwann aus dem Nichts das große Donnerwetter kommt.

Zickige Reaktionen nach dem Motto „Wenn du nicht weißt, was mein Problem ist, dann lass es einfach“ bringen niemanden weiter. (Und bevor hier jetzt einer anfängt zu lästern, das sei eine reine Frauensache: Ich kenne eine Menge Männer, die genauso sind. Also bitte keine Pauschalisierungen.) So eine Aussage ist unfair dem anderen gegenüber, denn er bekommt keine Chance, sein Verhalten zu überdenken und zu ändern – und es ist sehr menschlich. Ein Hund würde nie auf die Idee kommen, uns so eine Maskerade vorzuspielen.

Wir dagegen erwarten manchmal von unserer gesamten Umgebung – zwei- oder vierbeinig – dass sie unsere Gedanken lesen und uns unsere Gefühle an der Nasenspitze ansehen müsse. So einfach ist es leider nicht. Lernen wir doch von unseren Tieren, nehmen wir unseren Hund wirklich mal als Beziehungscoach wahr. Schauen wir uns an, wie er es macht, und seien wir einfach mal offen und ehrlich zu unseren Freunden. Transparenz kommt gut an, denn das macht es dem anderen schlicht und einfach leichter. Unsere Hunde zeigen uns genau, wie es geht.

(Inga Jung, Januar 2014

Partnerschaft statt Kadavergehorsam

Als Hundetrainer lernt man viele unterschiedliche Menschen und ihre Hunde kennen, und es ist immer wieder spannend, das Zusammenspiel und die Dynamik des jeweiligen Mensch-Hund-Teams zu sehen. Dabei ergeben sich viele interessante, schöne und zuweilen auch kuriose Erlebnisse.

Hin und wieder kommt es vor, dass mich Menschen um meine Einschätzung bitten, weil sie der Meinung sind, ihr Hund sei fürchterlich stur. Ich bin immer gerne bereit, mir diese vermeintliche Sturheit einmal anzuschauen, denn jeder Hund ist anders und es gibt so viele verschiedene Charaktere, dass auch ich mich gern von neuen individuellen Ideen der Hunde überraschen lasse.

Wir sind also gemeinsam auf einem Spaziergang unterwegs und der Hundebesitzer verlangt von seinem Hund innerhalb einer knappen Stunde etwa dreißigmal in verschiedenen Situationen sich hinzusetzen. Der Hund wird immer zögerlicher und stellt am Ende seine Ohren komplett auf Durchzug – meiner Ansicht nach die erste sinnvolle Aktion, die ich auf diesem Spaziergang gesehen habe. Nun schaut mich der Hundebesitzer triumphierend an und meint: „Sehen Sie! Total stur!“

Auf meine vorsichtige Frage hin, warum der Hund sich denn andauernd setzen soll, schaut man mich zunächst völlig verständnislos an. Dann erhalte ich die Antwort, man habe in der Hundeschule gelernt, dass ein Hund sich an jedem Bordstein, an jeder Einfahrt, an jeder Ecke und zu zig anderen Gelegenheiten grundsätzlich hinzusetzen habe – selbstverständlich bei Regen, bei Schnee, im Matsch und bei allen sonstigen Wetterlagen.

Das reicht mir aber nicht als Erklärung und ich frage, wo denn der Sinn dahinter sei. Denn an der Straße hält ein vernünftiger Mensch seinen Hund ohnehin immer an der Leine, und dann genügt es doch, wenn er am Bordstein und an Einfahrten stehen bleibt. Hinsetzen ist eigentlich unnötig, erst recht bei der aktuellen ungemütlichen Wetterlage.

Und still und heimlich denke ich mir noch: Wenn ich ein Hund wäre, hätte ich vermutlich weniger Geduld mit meinem Menschen als dieses Exemplar hier, und ich würde schon nach dem zweiten sinnlosen Sitz-Kommando einen plötzlichen Anfall von Taubheit simulieren …

Daraufhin starrt man mich nur an. Ja, darüber hätte man noch gar nicht nachgedacht.

Ich finde es natürlich schön, wenn sich solche Verständigungsprobleme zwischen Hund und Mensch so einfach aufklären lassen und ich dazu beitragen kann, dass beide sich ein wenig besser kennenlernen. Aber doch machen mich solche Begebenheiten auch oft nachdenklich, denn ist es nicht bedenklich, dass in dieser Zweierkonstellation der Hund derjenige ist, der die Dinge kritisch sieht? Sollte es nicht eigentlich Aufgabe des Menschen sein, Verantwortung zu übernehmen und nicht alles unkritisch zu glauben, sondern sich eine eigene Meinung zu bilden?

Am schlimmsten finde ich es immer, wenn ich sehe, wie bei eiskalten Temperaturen sogar Hundesenioren, die ganz offensichtlich arge Gelenkschmerzen haben, noch eisern an jeder Straße gezwungen werden sich hinzusetzen. Wie unreflektiert und gefühlskalt kann man als Hundebesitzer sein, wenn man das vor Schmerzen angestrengte Gesicht des alten Hundes ignoriert und von ihm weiterhin alle paar Minuten ein Sitz verlangt, nur weil man das schließlich immer so gemacht hat?

Ich kann nur allen Hundebesitzern raten, nicht alles zu glauben, was sie lesen, im Fernsehen sehen oder auf der Hundewiese hören, sondern sich Gedanken zu machen, ob diese Erziehungstipps wirklich sinnvoll sind und ob sie ihrem Hund guttun. Das gilt natürlich vor allem für jede Form von Gewalt in der Hundeerziehung, die in aller Regel völlig unnötig ist. Aber es kann auch schon bei einem einfachen „Sitz“ anfangen.

Unsere Hunde sind Hunde und keine Soldaten. Sie müssen nicht jedem noch so sinnlosen Kommando gehorchen, sondern sie haben das Recht, auch mal zu protestieren. Wir alle wollen intelligente Hunde haben, aber wir ärgern uns, wenn sie ihre Intelligenz unter Beweis stellen. Wir sollten uns überlegen, was uns wichtig ist: Wollen wir einen Hund, der sich verhält wie eine Maschine? Oder wollen wir ein Lebewesen, das Gefühle zeigt, das aber auch einen eigenen Willen und manchmal wirklich überraschende eigene Ideen hat? Letzteres ist es doch, was die eigentliche Faszination am Leben mit dem Hund ausmacht. Wenn unsere Hunde keine Macken und keine lustigen Einfälle hätten, sondern immer nur nach unserer Pfeife tanzen würden, hätten wir doch nur halb so viele tolle Geschichten über sie zu erzählen.

(Inga Jung, Januar 2014)

Hundeverstand in Buch und Fernsehen

Ich lese gerade (Juli 2013) das Buch „Hundeverstand“ von John Bradshaw, das so tolle Kritiken bekommen hat – mit durchaus gemischten Gefühlen.

Einerseits finde ich es toll, dass er sich deutlich von den alten Rangordnungstheorien distanziert und ausdrücklich schreibt, dass das Zusammenleben mit dem Hund ganz und gar kein Machtkampf ist, sondern dass Hunde auf Kooperation aus sind und Schwierigkeiten im Zusammenleben mit ihnen in der Regel auf Missverständnissen beruhen.
Ebenfalls macht er deutlich, dass eine gewalttätige Erziehung beim Hund Aggressionen und/oder Depressionen hervorrufen kann.
Schön, dass das endlich mal einer sagt.

Andererseits verliert er sich bedauerlicherweise in teilweise sehr wirren ausschweifenden Gedankengängen, die entweder irrelevant sind (wenn ich ein Hundebuch lese, interessiert es mich nicht, ob man einen Schakal oder Fuchs auch hätte domestizieren können) oder sogar falsch, weil er auf einmal Äpfel und Birnen verwechselt und von falschen Tatsachen ausgeht. (Zum Beispiel meint er, Hunde seien im Gegensatz zu Wölfen grundsätzlich freundlich zu anderen Hunden und weniger territorial – was ich ganz und gar nicht unterschreiben würde. Oder dass Wölfe nie eine Beziehung zu einem nicht verwandten Wolf aufbauen können – völlig unlogisch, denn das würde ja bedeuten, dass Wölfe nur Inzucht treiben, natürlich suchen sie sich wenn möglich einen nicht mit ihnen verwandten Partner. Und so weiter, es gibt immer wieder Sätze, die für einen Wissenschaftler erstaunlich unwissenschaftlich sind. Und er meint ständig, man dürfe Hunde und Wölfe nicht vergleichen, wobei er für diese These ausschließlich Argumente heranzieht, die auf dem – wie man ja weiß – unnatürlichen Verhalten von Gehegewölfen beruhen. Dass man das nicht als Ausgangsbasis nehmen sollte, ist klar. Erst auf S. 95 kommt er darauf zu sprechen, dass die Familienstruktur der freilebenden Wölfe unserem Zusammenleben mit Hunden doch gar nicht so unähnlich ist. Damit hätte er sich seine vorigen Argumente gegen den Wolf-Hund-Vergleich komplett sparen können.)
Wegen dieser verwirrenden Widersprüche, die mich beim Lesen wirklich gestört haben, empfehle daher, mit der Lektüre im letzten Absatz von S. 91 anzufangen. Vorher verpasst man nicht viel.

Richtig klasse finde ich, dass er sich – genau wie ich – die Frage stellt, warum wir in den Medien (Stichwort „Hundeflüsterer“) immer die brutalsten und brachialsten Methoden präsentiert bekommen. Warum verweigert das Fernsehen so vehement die Darstellung einer vernünftigen Erziehungsmethode? Seine Antwort ist so simpel, dass ich selbst gar nicht darauf gekommen bin:
Weil Gewalt dramatisch ist, und Menschen lieben Dramatik. Es ist einfach spannender zu sehen, wie ein Hund gekonnt niedergerungen und bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt wird (dann hat er sein Verhalten ja abgebrochen, eine Wirkung ist ersichtlich) als eine über Monate hinweg sorgfältig aufgebaute Gegenkonditionierung zu filmen. Da passiert ja nichts.
So einfach ist das.

Fernsehen lebt von dramatischen Augenblicken. Und eine dem Hund angepasste vernünftige Verhaltenstherapie zielt darauf ab, dem Tier Ruhe und Sicherheit zu vermitteln. Das will keiner sehen, das ist viel zu langweilig.

Ich kann es irgendwie verstehen, die Fernsehformate werden am Konsumverhalten der Leute ausgerichtet. Dennoch glauben viele Leute den Mist, den sie da sehen, und machen es ungefiltert nach. Ohne zu überlegen.
Ich bin der Ansicht, dass auch Fernsehsender eine Verantwortung tragen. Solange es niemandem schadet, können sie von mir aus senden was sie wollen.
Aber Sendungen, in denen das unnötige Quälen von Tieren und die Verbreitung völlig überholter „Dominanztheorien“, die wirklich nichts mehr in der Hundeerziehung zu suchen haben, von einem sogenannten Experten als richtig dargestellt werden, sind meiner Meinung nach höchst gefährlich, denn es gibt zu viele Leute, die wirklich glauben, was sie da sehen und hören.
Dann wäre es doch vielleicht besser, auf solche Sendungen komplett zu verzichten und sich mehr den Topmodel- und Shopping-Formaten zu widmen. Die bringen schließlich auch gute Quoten.

(Inga Jung, erstmals über Facebook veröffentlicht im Juli 2013)

Kurs Hundeverhalten beobachten und verstehen Mai 2014

Auch die Volkshochschule Gettorf hat sich entschieden, im kommenden Frühjahr den Kurs „Hundeverhalten beobachten und verstehen“ als Komplettpaket mit Theorie und Praxis zu wiederholen.

Genaueres zum Ablauf des Kurses lesen Sie oben in der Ankündigung für die VHS Felde. Der Praxisteil wird wieder am Hundestrand stattfinden (Bilder des vergangenen Kurses im September 2013 sehen Sie unten).

Der Kurs war im letzten Jahr an allen vier Volkshochschulen sehr beliebt und die Teilnehmer durchweg aufgeschlossen und wissbegierig. Es können begleitend zur Analyse von Fotos und Videosequenzen auch schon im Therorieteil viele Fragen gestellt werden, so dass die Kursteilnehmer die Möglichkeit haben, den Kurs mitzugestalten. Das sollte man sich nicht entgehen lassen!

Ort: Volkshochschule Gettorf

Dozentin: Inga Jung, Hundeverhaltensberatung

Termin: Samstag, 10. Mai 2014, 15 bis 17 Uhr
sowie Sonntag, 11. Mai 2014, 11 bis 13 Uhr
Kursgebühren für beide Tage: 22 Euro

Anmeldung ab sofort direkt über die VHS Gettorf möglich

Kurs Verstehen wir uns richtig? Die häufigsten Missverständnisse zwischen Mensch und Hund

Manchmal ist es wirklich zum Haareraufen: „Der Hund weiß doch, was das Kommando Sitz bedeutet, und trotzdem setzt er sich nicht hin. Im Gegenteil, je lauter ich werde, desto weniger will er gehorchen. Das macht der doch mit Absicht!“

Tut er das wirklich? – Nein, ganz sicher nicht.

Aber wie kommt es dann, dass er sich in dieser Situation nicht hinsetzt, obwohl er das Kommando doch eigentlich gut gelernt hat?

Warum fressen manche Hunde alles, was in der Wohnung an Fressbarem herumliegt, und scheinen einfach nicht zu lernen, dass das verboten ist?

Warum stürzt Nachbars Waldi sich auf unseren Hund, obwohl er doch gerade eben noch mit dem Schwanz gewedelt hat?

Diesen und vielen weiteren Fragen rund um das Zusammenleben von Hund und Mensch möchte ich in diesem Kurs zum Thema Hundeverhalten und Kommunikation zwischen Mensch und Hund in der VHS Melsdorf gemeinsam mit den Teilnahmern auf den Grund gehen. Dabei sollen sich die Kursteilnehmer ein bisschen in die Welt des Hundes hineindenken und sich in seine Lage versetzen, um sein Verhalten besser verstehen und deuten zu können.

Ort: Volkshochschule Melsdorf

Dozentin: Inga Jung, Hundeverhaltensberatung

Termin: Freitag, 11. April 2014, 17 bis 19 Uhr
Kursgebühren: 8 Euro

Anmeldung ab sofort hier online möglich

Kurs Hundeverhalten beobachten und verstehen April 2014

Nach dem Einstieg in der VHS Flintbek geht es in diesem Frühjahr weiter mit der VHS Felde. Dort findet der Kurs im April inklusive Praxisteil statt. Es ist allerdings auch möglich, nur an der Theorie teilzunehmen.

In der Volkshochschule Felde wird es im Frühjahr 2014 eine Wiederholung des kompletten Kurses „Hundeverhalten beobachten und verstehen“ mit Theorie und Praxis geben. 

Im theoretischen Teil werden wir anhand von Fotos und kurzen Videosequenzen das Verhalten der Hunde analysieren, und es dürfen natürlich viele Fragen gestellt werden. Im Praxisteil, der sich am nächsten Tag anschließt, wollen wir dann schauen, was uns die mitgebrachten Hunde der Teilnehmer zeigen.

Wenn das Wetter einigermaßen mitspielt, mache ich während des Praxisteils Fotos, die ich im Anschluss mit kurzen Erläuterungen auch gerne per E-Mail herumschicke. Auf diese Weise können die Teilnehmer das von ihren Hunden gezeigte Verhalten noch besser aufschlüsseln und auf den Bildern erneut anschauen.

Die an dem Praxisteil zum Kurs Hundeverhalten beobachten und verstehen teilnehmenden Hunde sind selbstverständlich frei von ansteckenden Krankheiten und haftpflichtversichert.

Ort: Volkshochschule Felde

Dozentin: Inga Jung, Hundeverhaltensberatung

Termin: Samstag, 05. April 2014, 15 bis 17 Uhr
sowie Sonntag, 06. April 2014, 10.30 Uhr bis 12.30 Uhr

Kursgebühren für beide Tage: 22 Euro (nur Samstag: 12 Euro)
Kursnummer: 1.9

Anmeldung ab sofort in der VHS Felde per E-Mail oder schriftlich möglich

Kurs Hundeverhalten beobachten und verstehen März 2014

Nachdem im Jahr 2013 meine Volkshochschulkurse auf große Begeisterung stießen, werde ich auch in 2014 wieder spannende Kurse anbieten. Los geht es dieses Mal am 22. März mit der VHS Flintbek:

Wie im Oktober 2013 wird auch im kommenden Frühjahr mein Kurs Hundeverhalten beobachten und verstehen in der VHS Flintbek ohne Praxisteil stattfinden. Anhand von Bildern und kleinen Filmsequenzen werden wir uns das Verhalten von Hunden im Detail ansehen und besprechen. Es geht hierbei nicht nur um das Verhalten der Hunde untereinander, sondern auch um das Verhalten gegenüber uns Menschen. Wir besprechen, wie wir uns dem Hund verständlich machen und wie wir in verschiedenen Situationen am besten auf den Hund reagieren sollten. Dieser Kurs bietet sich insbesondere auch für Menschen an, die Angst vor Hunden haben, weil sie nicht deuten können, was ein Hund, der ihnen draußen begegnet, von ihnen möchte. Hundebesitzer sind aber selbstverständlich genauso willkommen!

Ort: Volkshochschule Flintbek

Dozentin: Inga Jung, Hundeverhaltensberatung

Termin: Samstag, 22. März 2014, 16 bis 18 Uhr
Kursgebühren: 10 Euro

Anmeldung ab sofort über die VHS Flintbek möglich

Pessimistische Hunde – Gedanken zur Verhaltensforschung

Sehr gerne lese ich neue Texte des Verhaltensforschers Dr. Udo Gansloßer und der Tierärztin Sophie Strodtbeck. Besonders Dr. Gansloßer brachte mich mit seinem Verständnis der Zusammenhänge zwischen dem Verhalten des Hundes und der dabei ablaufenden neurologischen Vorgänge schon des Öfteren auf Lösungen, die ich alleine vielleicht nicht gefunden hätte.

In der Januar-Ausgabe 2014 der Zeitschrift Der Hund haben die beiden einen kurzen Artikel über das Bellverhalten von Hunden veröffentlicht. Der Artikel selbst brachte mir nicht viele neue Erkenntnisse, es war eher so, dass mich die Knappheit, mit der das Thema behandelt wurde, etwas ärgerte. Ich vermute, es lag an der vorgegebenen Zeichenbegrenzung, denn über die verschiedenen Ursachen, Motivationen und Variationen des Hundebellens könnte man schließlich ein ganzes Buch schreiben. Durch den begrenzten Platz musste man sich vermutlich auf eine unvollständige Behandlung des Themas beschränken.

Was mich aber an dem Artikel faszinierte, war ein Satz: „In Untersuchungen […] wurde festgestellt, dass pessimistische Hunde viel häufiger zu Bellstörungen neigen als optimistische.“

Pessimistische und optimistische Hunde! Das wird so einfach in einem Nebensatz erwähnt, als sei es das Selbstverständlichste der Welt, und doch lese ich hier zum ersten Mal – aus der Feder eines bekannten Verhaltensforschers – dass Hunden ein optimistischer oder pessimistischer Charakter zugeschrieben wird. Ich finde diese Aussage großartig und sie regt ungemein zum Nachdenken an.

Sicher kann man die Charaktere von Hunden und Menschen nicht eins zu eins gleichsetzen. Das, was beim Menschen als pessimistische Grundeinstellung betrachtet wird, muss nicht exakt das Gleiche sein, was man beim Hund darunter versteht.

Aber auch mir ist schon des Öfteren aufgefallen, dass es Hunde gibt, die sich negative Erfahrungen extrem einprägen und offenbar noch lange Zeit nach dem Ereignis ihr Verhalten danach ausrichten. Und dass es wieder andere Hunde gibt, die sich durch negative Erfahrungen überhaupt nicht irritieren lassen, sondern einfach weitermachen als sei nichts geschehen. Ich wäre allerdings nicht so weit gegangen, dies als pessimistische oder optimistische Einstellung zu betrachten, sondern ich ging bisher eher davon aus, dass es mit einem Zusammenspiel der erblichen Veranlagung des Hundes und seiner Entwicklung sowie seiner Erfahrungen in der Sozialisationsphase zusammenhängt, wie er mit negativen Erfahrungen umgeht. Denn um diese gut verkraften zu können, benötigt man eine gute Basis und ein gewisses Repertoire an möglichen alternativen Verhaltensweisen.

Ein Beispiel:

Ein Hund, der in der Welpenzeit nicht ausreichend mit Hunden verschiedener Rassen gespielt hat, hat ein begrenztes Verhaltensrepertoire für Hundebegegnungen entwickelt. Eines Tages stößt er auf einen Hund, der auf das Verhalten, welches unser Hund bei Hundebegegnungen bisher immer gezeigt hatte, aggressiv reagiert. Unser Hund macht die Erfahrung, dass sein Verhalten keinen Erfolg hat. Er hat aber keine Alternative, auf die er zurückgreifen könnte. Folglich ist er verunsichert und reagiert nun ebenfalls mit Aggression.

Hätte unser Hund aber in der Welpenzeit durch ausreichend Spiel mit verschiedenen Sozialpartnern mehr Alternativen entwickelt, dann wäre er durch diese Begegnung weniger frustriert und verunsichert gewesen, denn er hätte zunächst ein alternatives Verhalten ausprobieren können, das vielleicht eher zum Erfolg geführt hätte.

Ist nun der eine Hund pessimistischer als der andere, weil er schneller verzweifelt? Oder hat er einfach durch seine schlechtere Ausgangsbasis weniger Aussichten auf Erfolge und ist daher auch ohne eine spezielle charakterliche Veranlagung schneller zum Scheitern verurteilt?

Oder stellt es sich doch wieder ganz anders dar? Könnte man den Spieß umdrehen und sagen, dass pessimistische Hunde sich mit dem Erlernen sozialer Fähigkeiten und Verhaltensoptionen schwerer tun als optimistische und daher mehr positive Erfahrungen benötigen als beispielsweise ihre optimistischen Geschwister? Möglich wäre es durchaus, und es würde auch erklären, warum in ein- und demselben Wurf manche Welpen deutlich anpassungsfähiger und offener sind als andere.

Meines Wissens nach wurde das noch nicht ausreichend erforscht, aber sagen Sie mir gerne Bescheid, wenn Sie etwas darüber lesen. Die Antwort auf diese Frage interessiert mich sehr.

(Inga Jung, Januar 2014)

Hundetraining ist Hilfe zur Selbsthilfe

 

Früher war es üblich, seinen Hund zur Ausbildung wegzugeben und ihn „fertig erzogen“ zurückzubekommen. Doch kam es schon recht früh zu einem Wandel, denn diese Art der Hundeerziehung funktionierte einfach nicht. Der Hund lernte zwar die Kommandos, aber da Hunde alles, was sie lernen, mit der gesamten Umgebung und allen anwesenden Begleitumständen verknüpfen, war der Hund in der Regel zu Hause bei seinem Besitzer nicht in der Lage, das Gelernte umzusetzen. Das gesprochene Wort war vielleicht das Gleiche, aber der Mensch war anders, er verhielt sich anders, die Umgebung war anders – der Hund war verwirrt und wusste nicht, was von ihm verlangt wurde.

Heute wissen wir viel mehr über das Lernverhalten von Hunden. Wir wissen, wie wichtig die Generalisierung des Gelernten mit verschiedenen Orten und Gegebenheiten ist. Wir wissen auch, wie wichtig es ist, Ablenkungen nur langsam zu steigern. Und wir wissen, dass der Hund in erster Linie auf unsere Körpersprache achtet.

Dieses Wissen führt zu einer sehr wichtigen Erkenntnis: Der Hund und sein Mensch müssen gemeinsam lernen und der Mensch muss wesentlich mehr an sich und seinem Verhalten arbeiten als der Hund. Daran führt einfach kein Weg vorbei.

Und dieses Lernen und An-sich-Arbeiten betrifft nicht nur die Grunderziehung, sondern das gesamte Zusammenleben von Mensch und Hund. Denn je besser der Mensch versteht, wie sein Hund die Welt sieht, desto weniger Schwierigkeiten wird er im Alltag mit seinem Hund haben.

Oft erlebe ich es, dass Menschen mich völlig verzweifelt anrufen und um Hilfe bitten, weil ihr Hund einfach nicht das tut, was sie von ihm erwarten. Sie sehen sich im täglichen Leben ständig in der Auseinandersetzung mit ihrem Hund, sie sind gestresst und genervt und wissen nicht weiter. Und doch liegen die Ursachen dieser zunächst riesig erscheinenden Probleme häufig nur in kleinen Missverständnissen. Sehr oft reicht es dann völlig aus, wenn ich diesen Menschen erkläre, warum ihr Hund sich so verhält und dass er aus seiner eigenen Logik heraus gar nicht anders kann. Diese Erkenntnis, dass ihr Hund überhaupt nicht ärgern und stressen will, sondern einfach seinen Impulsen folgt, und das damit verbundene Umdenken in den Köpfen der Hundebesitzer ist manchmal alles, was an „Therapie“ nötig ist. Dadurch, dass sie ihren Hund mit anderen Augen sehen und besser verstehen, wird ihr gesamter Umgang mit ihm entspannter, und die Probleme erledigen sich von selbst.

Natürlich ist es nicht jedes Mal so einfach. Aber sehr häufig basieren Schwierigkeiten zwischen Mensch und Hund auf Missverständnissen – nicht selten erst provoziert durch einschlägige Hundeerziehungssendungen im Fernsehen, in denen alte, überholte Konzepte gepredigt werden.

Hundetraining ist keine Zauberei. Es ist Hilfe zur Selbsthilfe. Ich möchte meinen Kunden, den Lesern meines Blogs und auch den Teilnehmern meiner Kurse und Seminare in erster Linie vermitteln, wie sie sich in die Welt ihres Hundes hineinversetzen können. Ich möchte ihnen zeigen, wie ihr Hund das, was er tut, meint. Denn nur auf der Basis dieses Wissen ist es möglich, eine hundegerechte Erziehung aufzubauen und selbst Lösungen für Probleme zu finden. Oder zu erkennen, dass ein vermeintliches Problem vielleicht in Wirklichkeit gar keines ist.

(Inga Jung, Januar 2014)